Ende August bin ich nach Whistler geflogen um dort am Ironman Canada teilzunehmen. Whistler ist eine kleine artifizielle Disneyland-ähnliche Stadt, mitten in einer bezaubernd schönen Berglandschaft. 

 

Das Schwimmen fand in einem kleinen See außerhalb Whistler statt. Nach dem wie immer turbulenten Start versuchte ich schnellstmöglich ein energiesparendes Tempo zu finden und dabei maximal in den Genuss des Wasserschatten anderer Schwimmer zu kommen. Als ich erst nach 1St 03 aus dem Wasser kam (ein Jahr zuvor brauche ich weniger als 57 Minuten) musste ich schon den ersten kleinen Rückschlag einstecken. Dabei wusste ich nicht, dass wir 4,1 statt die normalen 3,8 Km geschwommen waren. Im Wechselzelt fand ich eine gebrochene Sonnenbrille in meiner Tüte und brauchte Zeit um sie wieder zu reparieren. Nicht der beste Anfang. 

Während der ersten 60 Km auf dem Rad fühlt ich mich nicht sehr stark und musste mich daher zurückhalten. Danach ging es zum Glück bedeutend besser. Um Körner für den 800m Anstieg am Ende der Strecke zu sparen, ließ ich meine Beine locker kurbeln und versuchte ein bisschen von der traumhaft schönen Kulisse zu genießen. Am Anstieg ging es mir richtig gut und ohne große Anstrengung holte ich noch 25-30 anderen ein. Leider müsste ich oben 4 Minuten ins Strafzelt um eine (unverdiente, klar) Zeitstrafe auszubüßen.

Nach dem Wechsel vom Rad in die Laufschuhe hatte ich noch sehr gute Beine. Obwohl der Marathon landschaftlich sehr kurzweilig war, blieb er 42 Km lang und war durch die vielen, steilen Anstiegen sehr schwer. Ich lief daher konservativ los. Zu meiner eigenen Überraschung konnte ich in der ersten von zwei Runden meine Position im Rennen behalten. In der zweiten Runde wurde ich nur wenig langsamer und arbeitete mich sogar noch ein bisschen nach vorne.

Das reichte am Ende für eine Endzeit von 10 Stunden und 1 Minute und den 4. Platz aus 350 in meiner Altersklasse womit ich mich für die nur sieben Wochen später stattfindenden Weltmeisterschaften in Kona auf Hawaii qualifizierte. Damit war ich einer der 1.700 Glücklichen aus 250.000 an Qualifikationsrennen Teilnehmenden (dazu noch einige Hunderte anders Startberechtige). 

Ich kam eine Woche vor dem Wettkampf in Kona an. Das schläfrige Dorf wanderte sich in den Tagen zum Wettkampf zu einer großen Ironman-Feier. Überall gab es trainierende Athleten, die mit beeindruckende Geschwindigkeit und durchtrainierten Körpern die auf den Terrassen Kona-Kaffee trinkenden Gegner einzuschüchtern versuchten. Oder waren die alle nur auf der Suche nach Selbstvertrauen?

Die Hawaiianische Insel sind landschaftlich sehr reizvoll, der Ironman führt jedoch durch relativ eintönige Lava-Wüsten ohne irgendeine Hoffnung auf Schatten.  Dafür gibt es immer die Hoffnung während des Schwimmen Wasserschildkröten oder Delphine zu sehen. 

Nachdem die 12 Stunden Zeitverschiebung und das feucht-heiße Klima mich zuerst zu schaffen machten, fühlte ich mich zunehmend besser und bereit für den Ausdauerdreikampf. 

Samstag, den 12. 10. um 7:00 morgens feuerte die Kanone den Startschuss und ca. 2.000 wassertretende Athleten legten los. Es wurde gleich sehr schnell geschwommen. Die ersten 1.000 Meter lag ich gut im Rennen und war zufrieden mit meinem Start. 

Kurz danach wurde ich ziemlich plötzlich sehr seekrank und konnte kaum noch zu schwimmen: schlappe Muskel, unregelmäßige Atmung, usw. (keine weiteren Details). Kurz nach dem einzigen Wendepunkt müsste ich mich an einem Sicherheitssurfbrett halten um mich wieder zu fangen. Als wir dann noch Gegenströmung bekamen, sah ich an den Steinen und Korralen am Boden, dass ich kaum noch vorankam, und müsste nochmals zwei Ruhepausen am Surfbrett einlassen, damit ich überhaupt ins Ziel kam. 

Als gefühlter letzte kam ich aus dem Wasser. Auf dem Rad würde es bestimmt besser werden, hielt ich mir vor. Leider merkte ich schon beim ersten Tritt in die Pedale, dass ich nicht über meine Kräfte verfügte. In Kanada war das aber auch so, mein Moment würde noch kommen. So hoffte ich.

Leider verbesserte sich meine Lage nicht und ich wurde ständig nach hinten weitergereicht. Am Wendepunkt habe ich eingesehen, dass es nun wirklich nicht mein Tag war, und wollte ab dann das Rennen einfach noch beenden und möglichst etwas genießen. Die berüchtigten Winde forderten mir dennoch noch vieles ab, meine Kräfte verließen mich zusehend. Die wüstenartige Lavalandschaft bot wenig Ablenkung.

Der Marathon würde bei der Hitze und fast maximaler Luftfeuchte ein sehr langer werden. Ich lief los an einem Tempo das man eigentlich nicht mehr laufen und kaum noch Joggen nennen darf. Schön war es, dank zwei Wendepunkte, meine Freunde im Rennen unterwegs zu begegnen und anzufeuern. 

Ansonsten wurde mir doch etwas langweilig auf der relativ unattraktiven Strecke. Mein neues Ziel war nun das ganze Rennen laufend ohne Gehen zu beenden, und zwar vor dem sehr bejubelten zweifach-Superbowl Sieger, der es geschafft hatte noch langsamer als ich zu sein. Dieses Ziel war das einzige, das ich an diesem Tag erreichte. Um Erfolge genießen zu können, braucht man nur seine Ziele niedrig genug zu stecken. Gewinnen oder ganz vorne dabei sein auf Hawaii wäre sowieso utopisch für mich gewesen, die AK Gewinner sind so unfassbar schnell. 

Nach 12 Stunden 16 Minuten dürfte ich endlich den Zieleinlauf durch die begeisterte Zuschauermasse erleben. Ein schönes Ende eines solch unerwartet langen Tages! 

Für die Statistik-Liebhaber, hier die Eckdaten meiner beiden Rennen:

 

KANADA

HAWAII

Disziplin

 

Distanz (Km)

Steigung (m)

Zeit

Geschwin-digkeit

Pos. aus 350

Distanz (Km)

Steigung (m)

Zeit

Geschwin-digkeit

Schwimmen

4,1

0

1.03:12

1:32/100m

30

3,8

0

1.16:25

2:01/100m

Wechsel 1

 

 

0.04:36

 

 

 

 

0.04:36

 

Rad

180

2.300

5:14:30

34,5 KmH

5

180

1.500

5:51:56

30,7 KmH

Wechsel 2

 

 

0:01:46

 

 

 

 

0:07:26

 

Laufen

42,195

400

3.33:57

5:04/Km

15

42,195

300

4.55:47

7:01/Km

Zeitstrafe

 

 

0:04:00

 

 

 

 

0:00:00

 

Total

 

 

10:01:01

 

4

 

 

12:16:18

 

Was muss ich tun um beim IM Hawaii starten zu dürfen?

Im wesentlichen gibt es für Amateure drei Möglichkeiten:

  • Du bist ein amerikanischer Celebrity, Adabei, C-Promi
  • Du gewinnst in einer Lotterie (150 in den USA und 50 Rest der Welt)

oder

  • Du gehst den ehrlichen Weg über die Qualifikation

Dafür gibt es auf der ganzen Welt ca. 40 Wettkämpfe über die Langdistanz bei denen zwischen 25 und 100 Startplätze (in Summe 1700) verteilt werden. Die Vergabe der sogenannten Slots erfolgt prozentual anteilig nach Startern pro Geschlecht und den zwölf Altersklassen.

Das bedeutet man muss normalerweise bei den großen Altersklassen weit unter den 10 Schnellsten von ca 400 Athleten sein.

Hans Weytjens